Programmarchitektur: Nachhaltige ländliche Entwicklung in Türkiye (2026–2030)

Executive Summary

Die vorliegende Programmarchitektur skizziert ein integriertes, förderfähiges Mehr-Geber-Programm für eine deutsche Nichtregierungsorganisation, die ab 2026 in ländlichen Regionen Türkiyes tätig werden will. Das Programm bündelt fünf komplementäre Teilprogramme unter einem gemeinsamen Dach. Jedes Teilprogramm adressiert spezifische Herausforderungen der ländlichen Entwicklung, Landwirtschaft und Umwelt in Türkiye und orientiert sich an den Nachhaltigkeitszielen der UN (SDGs) sowie den prioritären Handlungsfeldern des türkischen UN Sustainable Development Cooperation Framework 2026–2030. Damit wird sichergestellt, dass alle 17 SDGs systematisch berücksichtigt werden und die Maßnahmen im Einklang mit nationalen Strategien und internationalen Entwicklungsplänen stehen.

Ausgangslage

Türkiye durchläuft derzeit ökonomisch und strukturell eine Phase der Anpassung. Die makroökonomische Situation ist gekennzeichnet von hoher Inflation (über 30 % im Jahr 2025) und Bemühungen um den Übergang zu nachhaltigem Wachstum. Langfristig sind Technologie, grüne Transformation und rechtsstaatlich basierte Entwicklung als Schlüssel für einen ausgewogenen Wachstumspfad identifiziert. Obwohl der Anteil der Landwirtschaft an Wirtschaft und Beschäftigung sinkt (nur noch ~18 % der Arbeitskräfte, 5–6 % des BIP), bleibt der Agrarsektor für ländliche Einkommen, Exporte und die Ernährungssicherheit zentral. Zugleich sind ländliche Gebiete von Landflucht geprägt – nur noch rund 24,8 % der Bevölkerung lebt auf dem Land, mit abnehmender Tendenz. Diese Entwicklung spiegelt mangelnde Einkommensperspektiven und unzureichende Infrastruktur und Dienstleistungen wider, wodurch besonders junge Menschen abwandern.

Herausforderungen

In der Landwirtschaft zeigen sich akute Probleme wie Wasserknappheit und Klimarisiken, veraltete Strukturen und Druck zur Steigerung von Exporterlösen bei oft geringer Wertschöpfung im Inland. Die jüngste Dürreperiode 2024/25 war die schlimmste seit 60 Jahren – rund 70 % des Landes litten unter extremer Trockenheit. Die Wasserreserven sind kritisch; Landwirtschaft verbraucht etwa 74 % des verfügbaren Wassers, vielfach durch ineffiziente Bewässerung. Ohne Gegensteuern droht der Übergang Türkiyes von Wasserstress zu Wassermangel bereits um 2030. Klimawandel verstärkt Dürren, was schon jetzt zu Ernteausfällen, sinkenden Grundwasserspiegeln und Bodensenkungen führt.

Darüber hinaus belasten Bodendegradation (z.B. Erosion durch Übernutzung) und Rückgang der Biodiversität die ländlichen Ökosysteme. Unsachgemäße Agrarpraktiken – etwa exzessiver Düngemittel- und Pestizideinsatz – haben die Vielfalt von Pflanzen und Insekten dezimiert und die Bodenqualität verschlechtert. Fast 1.000 endemische Pflanzenarten Türkiyes sind bereits als gefährdet eingestuft. Auch die Luftqualität leidet regional unter landwirtschaftlichen Bränden und Staub durch Bodenerosion. Gleichzeitig fehlen in vielen Dörfern ausreichende Basisdienstleistungen (Gesundheitsversorgung, Bildung, Wasserversorgung) und digitale Anbindungen, was die Lebensqualität mindert und Abwanderung begünstigt.

Möglichkeiten

Trotz dieser Herausforderungen bieten sich große Chancen, ländliche Räume durch nachhaltige Entwicklung zu revitalisieren. Türkiye zählt global weiterhin zu den Top-7 der Agrarproduzenten – mit Investitionen in klimasmarte Landwirtschaft ließe sich die Produktivität ressourcenschonend steigern und Ernährungssicherheit (SDG 2) sowie Widerstandsfähigkeit gegen Klimaschocks (SDG 13) verbessern. Durch Kreislaufwirtschaft und lokale Wertschöpfungsketten können ländliche Gemeinden mehr vom Agrarsektor profitieren, anstatt Rohprodukte billig zu exportieren. Beispiele sind die Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse vor Ort, Wiederverwendung organischer Abfälle (z.B. Biogas, Kompost) und regionale Vermarktungsinitiativen – all dies erhöht Einkommen, schafft dezent Arbeit (SDG 8) und reduziert Umweltbelastungen (SDG 12).

Digitalisierung und moderne Infrastruktur können ländliche Gebiete besser mit Märkten und Dienstleistungen vernetzen, womit sich Bildungs- und Gesundheitsangebote dezentral verbessern lassen (SDG 3, SDG 4, SDG 9). Schließlich eröffnet die aktive Einbindung der Gemeinschaft – etwa durch Genossenschaften, Gemeindezentren und kommunale Partnerschaften – die Chance, sozialen Zusammenhalt zu stärken, Frauen und Jugendliche zu empowern (SDG 5, SDG 10) und lokale Entscheidungsträger in die Lage zu versetzen, nachhaltige Entwicklung selbst mitzugestalten (SDG 16). Diese Ansätze decken sich mit den Prioritäten des neuen UN-Rahmens für Türkiye, der inklusive soziale Dienste, grünes resilientes Wirtschaftswachstum, Klimahandeln und gute Regierungsführung als Pfeiler definiert. Insbesondere der Übergang zu nachhaltiger Landwirtschaft, einer grünen und zirkulären Wirtschaft und digitaler Innovation wird von UN und Regierung als wesentlich für die Erreichung der SDGs angesehen.

Programmstruktur

Vor diesem Hintergrund wird ein Programm mit fünf logisch abgegrenzten Teilprogrammen vorgeschlagen. Jedes Teilprogramm verfügt über eine klar definierte Zielsetzung, adressiert spezifische Zielgruppen, beinhaltet konkrete förderfähige Maßnahmen und liefert überprüfbare Indikatoren zur Erfolgsmessung. Zusammen decken die fünf Module alle relevanten Handlungsfelder ab und erzeugen Synergien untereinander, um ganzheitliche und nachhaltige Wirkung zu erzielen. Die Struktur ermöglicht es mehreren Geldgebern, sich – abgestimmt unter einem Dach – an einzelnen Komponenten zu beteiligen oder das Gesamtprogramm koordiniert zu fördern.

Im Einzelnen sind vorgesehen:

  1. Teilprogramm 1 – Klimasmarte Landwirtschaft und Wasserbewirtschaftung: Förderung nachhaltiger Agrarpraktiken und effizienter Wassernutzung zur Steigerung der Produktivität, Klimaresilienz und Wasserverfügbarkeit im Landwirtschaftssektor (SDG 2, 6, 13).
  2. Teilprogramm 2 – Umweltschutz und Klimaresilienz in ländlichen Räumen: Schutz von Böden, Wäldern und Biodiversität sowie Stärkung der Anpassungsfähigkeit ländlicher Gemeinden an den Klimawandel (SDG 13, 15).
  3. Teilprogramm 3 – Kreislaufwirtschaft und lokale Wertschöpfung: Entwicklung gemeinwohlorientierter Wertschöpfungsketten und grüner ländlicher Unternehmen, um Einkommen zu steigern, Ressourcen im Kreislauf zu führen und Abhängigkeiten vom Export zu verringern (SDG 8, 9, 12).
  4. Teilprogramm 4 – Digitale Infrastruktur und smarte Dienstleistungen: Ausbau digitaler Infrastruktur und innovativer Lösungen zur Überbrückung der urban-ländlichen Kluft, damit ländliche Bevölkerung besseren Zugang zu Märkten, Bildung, Gesundheit und Verwaltung erhält (SDG 9, 4, 3).
  5. Teilprogramm 5 – Soziale Teilhabe und Gemeindeentwicklung: Verbesserung von Grunddiensten wie Bildung und Gesundheit, Förderung von Gemeinwesenarbeit und inklusiver Teilhabe (insb. für Frauen, Jugendliche und vulnerable Gruppen) sowie Stärkung lokaler Partnerschaften und Governance in ländlichen Regionen (SDG 1, 3, 4, 5, 10, 16).

Jedes Programm wird nachfolgend in Form eines Programmsteckbriefs beschrieben. Diese Programmblätter umfassen Zielsetzung, Zielgruppen, geplante Maßnahmen, indikative Leistungsindikatoren sowie zentrale Umsetzungspartner. Gemeinsam bilden sie ein umfassendes, auf Fakten basierendes Interventionspaket, das die Voraussetzung für professionelle Umsetzung und finanzielle Förderung durch internationale Geber, Ministerien, UN-Organisationen und operative NGOs erfüllt.

Teilprogramm 1: Klimasmarte Landwirtschaft und Wasserbewirtschaftung

Zielsetzung

Steigerung der Ernährungs- und Einkommenssicherheit durch nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft bei gleichzeitiger Schonung von Wasser- und Bodenressourcen. Kleine und mittelgroße Landwirtschaftsbetriebe sollen bis 2030 ihre Produktivität verdoppeln (SDG-Ziel 2.3) und klimaresilient wirtschaften, ohne die natürlichen Lebensgrundlagen zu gefährden. Gleichzeitig soll die Wassernutzungseffizienz deutlich steigen (Beitrag zu SDG-Ziel 6.4), um den Agrarsektor an die zunehmende Wasserknappheit anzupassen. Klimarisiken wie Dürreperioden werden durch Vorsorgemaßnahmen abgemildert (SDG 13). Insgesamt trägt das Programm dazu bei, nachhaltige Ernährungssysteme zu etablieren (SDG 2.4) und ländliche Armut zu reduzieren (SDG 1).

Zielgruppen

Vorrangige Zielgruppe sind Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie deren Haushalte in wasserknappen und klimaanfälligen Regionen (z.B. Zentralanatolien, Südosten). Insbesondere Frauen in der Landwirtschaft und junge Landwirte werden adressiert, um deren Zugang zu Ressourcen und Wissen zu verbessern. Weitere Zielgruppen sind Wasser-Nutzerverbände und landwirtschaftliche Genossenschaften (für kollektives Wassermanagement und Vermarktung), lokale Agrarberatungsstellen (für Kapazitätsaufbau) sowie relevante staatliche Stellen (Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, regionale Entwicklungsagenturen).

Maßnahmen

Geplant ist ein Maßnahmenpaket zur Förderung klima-intelligenter Anbaumethoden und effizienter Wassernutzung: (1) Einführung von tröpfchen- und präzisionsbewässerten Pilotfeldern in trockenen Gebieten, gekoppelt mit Regenwasser-Ernteanlagen und smarter Sensorik, um Wasserverluste zu minimieren – relevant, da gegenwärtig 74 % des Wassers in Türkiye für Bewässerung eingesetzt werden. (2) Verbreitung klimaresilienter Kulturpflanzen (z.B. dürreresistente Getreidesorten) und Diversifizierung der Fruchtfolgen, um die Anfälligkeit gegenüber Extremwetter zu senken. (3) Schulungsoffensiven für Landwirte zu Good Agricultural Practices (integrierter Pflanzenschutz, bodenschonende Bewirtschaftung, ökologischer Landbau), durchgeführt von Agrarberatern und Farmer Field Schools. (4) Einsatz digitaler Lösungen: Entwicklung einer Agrar-Digitalplattform, die Wetterdaten, Bodenfeuchte-Sensoren und Marktinformationen bündelt, um Bauern bei täglichen Entscheidungen (Aussaat, Bewässerung, Düngefenster) zu unterstützen (Beispiel: SMS-Wetterwarnungen bei Trockenstress). (5) Rehabilitierung und Neubau von Bewässerungsinfrastruktur in Gemeinden mit hohem Bedarf – beispielsweise Modernisierung lecker Kanalsysteme und Bau gemeinschaftlicher Wassertanks. (6) Katastrophenvorsorge in der Landwirtschaft: Einrichtung eines Dürre-Frühwarnsystems in Kooperation mit dem staatlichen Wetterdienst, Notfallpläne für extreme Trockenjahre und Förderung von agrarversicherungsbasierten Risikotransfers (Dürreversicherungen). Alle Maßnahmen werden partizipativ mit den Gemeinden geplant und von landwirtschaftlichen Organisationen mitgetragen.

Indikatoren

Outcome-Indikatoren umfassen u.a.: Produktivitätszuwachs bei teilnehmenden Kleinbetrieben (z.B. +50 % Ertragssteigerung pro Hektar bei Regenfeldbau bis 2030, gemessen für Hauptkulturen); Einkommensanstieg der begünstigten Haushalte (z.B. +30 % durchschnittliches Nettoeinkommen aus Landwirtschaft); Wasser-Einsparung pro Hektar durch effizientere Bewässerung (z.B. 20 % weniger Wasserentnahme gegenüber Ausgangswert, in m³ gemessen) – ein wichtiger Schritt, da ohne Gegensteuern die pro-Kopf-Wasserversorgung bis 2030 auf kritische ~1.000 m³ fallen könnte; Fläche in klimasmarter Bewirtschaftung (in Hektar, z.B. 50.000 ha mit konservierender Bodenbearbeitung und Tröpfchenbewässerung bis 2030); Anpassungskapazität: Anzahl der Betriebe mit Dürre-Notfallplan bzw. Versicherungsschutz. Output-Indikatoren: Anzahl geschulter Bäuerinnen und Bauern (Geschlecht disaggregiert, Ziel z.B. 10.000, davon 40 % Frauen); Zahl neu eingeführter dürreresistenter Sorten; Anzahl installierter Sensoren oder Wetterstationen; Zahl der modernisierten Bewässerungssysteme. Diese Indikatoren werden quartalsweise erhoben und in einem Monitoring-System (im Einklang mit SDG-Indikatoren 2.3.1 Einkommen und 2.4.1 nachhaltige Bewirtschaftungsfläche) berichtet.

Partnerschaften

Umsetzungspartner sind u.a. Ministerium für Landwirtschaft und Forsten (MoAF) – insbesondere die lokalen Landwirtschaftsberater und Forschungsanstalten (für Sorten und Technologietests) –, weiterhin Wasserbehörden auf Provinzebene (für Infrastrukturmaßnahmen) sowie internationale Fachorganisationen wie die FAO und IFAD. Die FAO kann mit technischem Know-how zu Climate-Smart Agriculture unterstützen, IFAD mit Finanzierung und Erfahrung in partizipativer ländlicher Entwicklung. Deutsche und türkische Hochschulen (Agrarwissenschaften, Hydrologie) werden zur wissenschaftlichen Begleitung und Impact-Messung eingebunden. Lokale landwirtschaftliche Genossenschaften und Verbände (z.B. Wasseranwendergemeinschaften) dienen als Multiplikatoren und Kooperationspartner vor Ort. Mögliche Geber für dieses Teilprogramm sind etwa die EU (z.B. über das Instrument für Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit), das BMZ/GIZ im Rahmen von bilateralen Projekten zur ländlichen Entwicklung, sowie multilaterale Fonds (Klimaanpassungsfonds, Green Climate Fund für die wasserbezogenen Klimamaßnahmen). Durch diese breite Partnerstruktur wird sichergestellt, dass Fachwissen, lokale Erfahrung und finanzielle Mittel effektiv gebündelt werden.

Teilprogramm 2: Umweltschutz und Klimaresilienz in ländlichen Räumen

Zielsetzung

Erhalt und Wiederherstellung der natürlichen Lebensgrundlagen in ländlichen Gebieten Türkiyes sowie Stärkung der Klimaresilienz von Ökosystemen und Gemeinden. Bis 2030 sollen Landdegradation gestoppt und teilweise umgekehrt werden (SDG-Ziel 15.3), wichtige Biodiversitäts-Hotspots geschützt und die Anpassungsfähigkeit an Klimafolgen (Dürren, Überschwemmungen, Waldbrände) erhöht sein. Das Programm zielt darauf ab, die CO₂-Bindung durch Aufforstung und Humusaufbau zu steigern (Beitrag zu SDG 13) und zugleich die Lebensbedingungen der ländlichen Bevölkerung durch intakte Umwelt zu verbessern (z.B. sauberes Trinkwasser, fruchtbare Böden, Waldprodukte – SDG 15, SDG 6). Es unterstützt die nationalen Ziele Türkiyes zur Land- und Waldrestaurierung und knüpft an Initiativen wie die "Zero-Waste"-Strategie und das Übereinkommen über die biologische Vielfalt an.

Zielgruppen

Primäre Zielgruppen sind ländliche Gemeinden in ökologisch sensiblen Regionen – z.B. Dörfer in Erosionsgebieten Zentralanatoliens, Gemeinden an Wüstenrandzonen in Südostanatolien, oder Siedlungen in und um Schutzgebiete (Nationalparks, Wälder). Kleinbäuerliche Familien und Viehhalter profitieren von besseren Böden und Weiden, Waldgemeinden (inkl. oft ärmerer Haushalte, die vom Wald leben) von nachhaltiger Forstwirtschaft. Ebenfalls angesprochen werden lokale NGOs und Umweltgruppen sowie Gemeindeverwaltungen, die in Umweltmanagement eingebunden werden. Relevante Behörden wie das Ministerium für Umwelt, Urbanisierung und Klimawandel und das Ministerium für Land- und Forstwirtschaft (zuständig für Wälder und Naturschutz) sind strategische Partner und zugleich Nutznießer durch Kapazitätsaufbau.

Maßnahmen

Dieses Teilprogramm umfasst ein Bündel an Naturschutz- und Anpassungsmaßnahmen: (1) Aufforstungs- und Wiederbegrünungsprojekte auf degradierten Flächen: In Zusammenarbeit mit Forstbehörden und Dorfgemeinschaften werden jährlich Baum- und Strauchpflanzungen auf erodierten Hanglagen vorgenommen (z.B. obsttragende Bäume, die zugleich Einkommen bringen). Über Agroforstsysteme (Kombination von Bäumen und Ackerbau/Weide) soll die Bodenfruchtbarkeit verbessert und Erosion reduziert werden. (2) Bodenschutz und nachhaltige Landnutzung: Einführung von Terrassierungen, Erosionsschutzstreifen und Regenerationsbrache in Hanglagen; Förderung konservierender Bodenbearbeitung (Überlapp mit TP 1) und Kompostierung organischer Abfälle, um Humus aufzubauen. (3) Schutz der Biodiversität: Unterstützung bei Ausweisung und Management von Schutzgebieten in artenreichen Regionen (z.B. Taschenschritte für endemische Pflanzen); Training von lokalen Ranger-Teams und Einbindung der Bevölkerung als „Community Conservation Rangers". Spezifische Unteraktivitäten umfassen Programme zum Schutz bedrohter Arten (etwa Brutplatz-Schutz für endemische Vogelarten, Monitoring von Amphibien in Feuchtgebieten). Da unsachgemäße Landwirtschaft erheblich zur Biodiversitätskrise beiträgt, werden Landwirte in diesen Regionen für biodiversitätsfreundliche Praktiken gewonnen (z.B. Blühstreifen, Reduktion von Pestiziden; Kompensation via Ökotourismus- oder Ökoprämienmodelle). (4) Wassereinzugsgebiets-Management: In wasserkritischen Bergregionen (z.B. Taurus, Pontus) werden integrale Maßnahmen durchgeführt – Wiedervernässung von Hochmooren, Bau kleiner Staugewässer für Regenrückhalt, Renaturierung von Bächen – um die Wasserspeicherkapazität der Landschaft zu erhöhen und Überflutungsrisiken flussabwärts zu mindern. (5) Lokale Klimaanpassungspläne: Moderation partizipativer Planungsprozesse in Pilotgemeinden zur Erstellung von lokalen Resilienzplänen. Darin werden risikoanalytisch die größten Klimagefahren identifiziert und entsprechende Bewältigungsstrategien erarbeitet. Dies schließt auch Notfallpläne für Extremereignisse wie Dürren oder Starkregen ein.

Indikatoren

Als Outcome-Indikatoren werden verfolgt: Fläche restaurierter Ökosysteme (z.B. Hektar wiederaufgeforsteter Wald und begrüntes Weideland; angestrebter Wert: 20.000 ha bis 2030), Verlangsamung des Biodiversitätsverlusts (z.B. Populationsstabilisierung bei ausgewählten Indikator-Arten oder Zahl neuer Schutzgebiete, etwa 5 neue Key Biodiversity Areas offiziell ausgewiesen bis 2030), Reduktion der Bodenerosion (Messung von Bodenabtragsraten oder Dicke der Humusschicht an Pilotstandorten; Ziel: 30 % geringerer Bodenverlust als Referenz), Resilienzindex der Gemeinden (Zusammengesetzter Index basierend auf erfüllten Maßnahmen des Anpassungsplans, soll im Schnitt um 50 % steigen). Wichtige Output-Indikatoren: Zahl der gepflanzten Bäume (z.B. 1 Million Bäume bis 2030, Überlebensrate nach 2 Jahren > 70 %), Anzahl geschulter Ranger und Gemeindemitglieder im Naturschutz (z.B. 500 Personen), Anzahl erstellter lokaler Klimaanpassungspläne (Ziel: 20 Gemeinden), Menge gebildeten Komposts bzw. reduzierte Mineraldünger-Menge in Pilotbetrieben (in Tonnen). Diese Kennzahlen werden in Bezug zu SDG-Indikatoren wie 15.1.1 (Waldfläche), 15.3.1 (Landdegradations-Index), 13.1.2 (Anpassungsplanung auf lokaler Ebene) gesetzt, um den Beitrag zu globalen Zielen zu verdeutlichen. Fortschritte werden in jährlichen Reports zusammengefasst und mit Behörden geteilt.

Partnerschaften

Die Umsetzung erfordert enge Kooperation mit staatlichen Stellen: Forst- und Naturschutzbehörden (General Directorate of Nature Conservation and National Parks) stellen Flächen und Fachpersonal für Aufforstung und Schutzgebiete, Gemeinden und Provinzverwaltungen unterstützen lokal Logistik und Koordination. Als internationale Partner sind UNDP und UNEP potenziell beteiligt (technische Beratung zu Ökosystemrestaurierung, Finanzierung von Pilotprojekten). Ebenfalls wichtig ist die Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Instituten (Universitäten in Ankara, Antalya etc. für ökologische Forschung, Dürremonitoring) und lokalen Umwelt-NGOs (z.B. TEMA Stiftung, Doğa Derneği), die Erfahrung in Community-basierten Umweltprojekten mitbringen. Geberseitig kommen beispielsweise der Globale Umweltfazilität (GEF) für Biodiversität, der Green Climate Fund (für Ecosystem-based Adaptation) oder auch bilaterale Mittel (z.B. deutscher Internationaler Klimaschutzinitiative – IKI) in Betracht. Zudem wird auf Gemeindeebene die Bevölkerung aktiv eingebunden, etwa durch Gründung von Umweltkomitees, sodass die Maßnahmen von Beginn an lokal verankert sind. Diese Multi-Stakeholder-Kooperation entspricht der Empfehlung, verstärkt mit allen Akteuren zusammenzuarbeiten, um den Biodiversitätsverlust effektiv zu bekämpfen.

Teilprogramm 3: Kreislaufwirtschaft und lokale Wertschöpfung

Zielsetzung

Entwicklung eines gemeinwohlorientierten, nachhaltigen ländlichen Wirtschaftsmodells, das lokale Ressourcen effizient nutzt, Wertschöpfung in den Regionen hält und würdige Arbeitsplätze schafft (SDG 8). Bis 2030 sollen in ausgewählten Pilotregionen kreisförmige Wertschöpfungsketten etabliert sein – d.h. landwirtschaftliche Erzeugnisse und Nebenprodukte werden lokal weiterverarbeitet, Reststoffe recycelt oder energetisch genutzt, und die Gewinne kommen den Gemeinden zugute. Dadurch reduziert sich die Abhängigkeit von reinen Rohstoffexporten und externen Vorprodukten, was die Resilienz der lokalen Wirtschaft erhöht. Konkretes Ziel ist beispielsweise, den Anteil lokal veredelter Agrarprodukte um X % zu steigern und gleichzeitig Abfall und Emissionen deutlich zu verringern (Beitrag zu SDG 12 für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster). Das Programm unterstützt damit den Übergang Türkiyes zu einer grünen und zirkulären Ökonomie, wie er auch im nationalen Entwicklungsplan und vom UN-Rahmen gefordert wird. Es trägt ferner zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse zwischen Stadt und Land bei (Verringerung regionaler Disparitäten, SDG 10).

Zielgruppen

An erster Stelle stehen ländliche KleinunternehmerInnen, Genossenschaften und Start-ups, die in den Bereichen Verarbeitung, Handwerk, Erneuerbare Energien oder Dienstleistungen tätig sind oder tätig werden wollen. Zum Beispiel: Frauenkooperativen in der Lebensmittelverarbeitung, Jugend-Start-ups im Bereich Agri-Tech, traditionelle Handwerksbetriebe (Teppiche, Keramik etc.), Landwirte, die sich zu Vermarktungsgemeinschaften zusammenschließen. Ergänzend zielt das Programm auf kommunale Unternehmen (etwa Abfallwirtschaftsbetriebe in Kleinstädten) und kommunale Verwaltungen, die in lokale Wirtschaftsförderung involviert sind. Indirekt profitieren die ländlichen Haushalte durch neue Einkommensmöglichkeiten, und Konsumenten durch bessere lokale Produkte. Ein besonderer Fokus liegt auf der Integration von Frauen und Jugendlichen in Wertschöpfungsketten – sie sollen verstärkt unternehmerische Chancen erhalten. Auch zurückgekehrte MigrantInnen oder Geflüchtete in ländlichen Gebieten könnten einbezogen werden, um deren Potential für lokale Wirtschaft zu nutzen.

Maßnahmen

Geplant sind mehrere, aufeinander abgestimmte Interventionen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und lokaler Betriebe: (1) Wertschöpfungsketten-Analysen und Identifizierung von Schlüsselprodukten pro Region (z.B. Milchprodukte, Oliven, Heilkräuter, Holzwaren), bei denen eine lokale Verarbeitung und Vermarktung machbar und rentabel ist. (2) Gründungs- und Innovationsförderung: Einrichtung von Inkubator-Programmen für ländliche Start-ups (inkl. Mentoring, betriebswirtschaftliche Schulung, Hilfe bei Businessplänen). Vergabe von Kleinstinvestitionszuschüssen oder revolvierenden Darlehen an vielversprechende Geschäftsideen – z.B. eine Frauenkooperative, die Tomaten zu getrockneten Produkten verarbeitet, oder ein kleines Unternehmen, das aus Nussschalen Briketts herstellt. (3) Förderung von Genossenschaften: Unterstützung bestehender und neuer Genossenschaften in Produktion, Weiterverarbeitung oder Vermarktung (durch Trainings in Genossenschaftsmanagement, Anschubfinanzierung für Geräte, Vernetzung mit Abnehmern). Auch öffentlich-private Partnerschaften werden angestrebt, etwa zwischen Dorfkooperativen und städtischen Supermarktketten oder Online-Plattformen, um Marktzugang zu erleichtern. (4) Kreislaufwirtschafts-Pilotprojekte: Umsetzung konkreter Kreislauf-Lösungen – z.B. Aufbau einer Anlage zur Biogaserzeugung aus tierischen Abfällen, wobei der Biogasstrom ein Dorf versorgt und der Gärrest als Dünger auf Felder kommt; Förderung von Kompostieranlagen für Ernterückstände, um chemische Dünger zu ersetzen; Einrichtung von Repair-Cafés oder Werkstätten, um landwirtschaftliche Maschinen länger nutzbar zu machen; „Zero Waste"-Initiativen auf Dorfebene (Mülltrennung, Recycling-Sammelstellen). (5) Digitale Marktplätze und Logistik: Entwicklung einer regionalen E-Commerce-Plattform für landwirtschaftliche Produkte und Kunsthandwerk aus den Zielregionen, begleitet von einer Logistiklösung (Kühlketten, Sammeltransport), damit Produzenten direkt Endkunden beliefern können. Dies ermöglicht auch eine Rückverfolgbarkeit und Qualitätssicherung der Produkte.

Indikatoren

Outcome-Ebene: Anstieg der lokalen Wertschöpfung – messbar z.B. am Wertschöpfungsanteil vor Ort für bestimmte Produkte (etwa soll der lokale Verarbeitungsgrad von Oliven in Region X von 20 % auf 50 % steigen, gemessen am Anteil der als Öl/ eingelegte Oliven verkauften Menge); Beschäftigungseffekte – Anzahl neu geschaffener formeller Jobs in den Zielgemeinden (Ziel z.B. 1.000 neue dauerhafte Arbeitsplätze, 50 % für Frauen/Jugendliche); Einkommens­effekte – Anstieg des Durchschnittseinkommens in den Gemeinden relativ zum Regionaldurchschnitt (z.B. auf 120 % des Vergleichswerts); Ressourceneffizienz – Anteil der Abfälle/Nebenprodukte, die wiederverwendet werden (Ziel: > 50 % organische Abfälle verwertet, Baseline vielleicht 10 %); CO₂-Einsparung durch Kreislauflösungen (geschätzt in Tonnen, etwa durch Biogas und Recycling). Output-Indikatoren: Anzahl geförderter Unternehmen/Start-ups (z.B. 100 Kleinstunternehmen, davon 40 von Frauen geführt); Zahl der unterstützten Genossenschaften (Ziel: 20, mit insgesamt 500 Mitgliedern); Umfang der produzierten Alternativenergie (Biogas, Solar) in Pilotprojekten (kWh pro Jahr); Absatzmenge regionaler Produkte über die E-Plattform (in Tonnen/Jahr); Anzahl Teilnehmende an Trainings (z.B. 2000 Personen in unternehmerischen Schulungen). Diese Kennzahlen werden in Bezug zu SDG-Indikatoren wie 8.5.2 (Arbeitslosenquote, indirekt durch Jobs) und 12.5.1 (Abfallrecyclingquote) gesetzt, um den Beitrag zu globalen Zielen zu verdeutlichen.

Partnerschaften

Hier spielen wirtschaftsnahe Akteure eine große Rolle. Implementierungspartner sind z.B. Lokale Handelskammern, Bauernverbände und Genossenschaftsverbände, welche die Bedürfnisse identifizieren und die Betriebe vor Ort mobilisieren können. Die Industrie- und Technologieagenturen der Regionen (falls vorhanden) sowie das Ministerium für Industrie und Technologie können regulatorische Unterstützung und Anreize bieten (etwa Förderprogramme für KMU im ländlichen Raum). Kommunalverwaltungen helfen bei Standortbereitstellung (z.B. Gewerbeflächen, Markthallen). International bieten Organisationen wie UNIDO (Organisation für industrielle Entwicklung) Know-how für Wertschöpfungsketten und ILO Beratung zur Schaffung menschenwürdiger Arbeit. Auch die Weltbank oder EBRD könnten Finanzierungspartner für Investitionszuschüsse sein. Wichtige Partner sind ferner Bildungseinrichtungen (Berufsschulen, Unis) und Forschungszentren (für Kreislauftechnik, Agrartechnik), um Innovationen lokal anzupassen. Als Geber kommen die EU (insb. Programme zu regionaler Entwicklung oder grünem Wachstum), bilaterale Geber wie die deutsche KfW Entwicklungsbank (die solche Value-Chain-Projekte kofinanzieren könnte), oder Stiftungen mit Schwerpunkt Sozialunternehmertum in Frage. Das Teilprogramm wird zudem mit den anderen Programmen abgestimmt, z.B. nutzt es Ergebnisse aus TP 1 (Agrarproduktion) und trägt zu TP 5 (Gemeindeentwicklung durch Jobs) bei, um maximale Wirkung zu erzielen.

Teilprogramm 4: Digitale Infrastruktur und smarte Dienstleistungen

Zielsetzung

Überbrückung der digitalen und infrastrukturellen Kluft zwischen Stadt und Land, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu fördern. Bis 2030 soll die Grundversorgung ländlicher Gemeinden mit schnellem Internet, zuverlässiger Energie und modernen Kommunikationsmitteln erheblich verbessert werden (z.B. Breitband-Internet-Abdeckung > 90 % der ländlichen Bevölkerung, in Einklang mit SDG 9.c für universellen Internetzugang). Darauf aufbauend werden innovative digitale Dienstleistungen im Bildungs-, Gesundheits- und Verwaltungsbereich etabliert, sodass Menschen auf dem Land ähnlich guten Zugang zu Informationen, Märkten und öffentlichen Leistungen haben wie in urbanen Zentren (SDG 4 für Bildung, SDG 3 für Gesundheit, SDG 16 für institutionelle Teilhabe). Das Programm leistet einen Beitrag zur digitalen Transformation Türkiyes, wie sie auch in nationalen Strategien und vom UN-Cooperation Framework betont wird. Neben der Technik steht der kompetente Umgang der Bevölkerung mit digitalen Werkzeugen im Fokus (digitale Kompetenz als Querschnittsaufgabe, SDG 4.4).

Zielgruppen

Bewohner ländlicher Gemeinden mit unzureichender Infrastruktur stehen im Zentrum – etwa Dörfer in peripheren Regionen Ostanatoliens oder Schwarzmeerküste, wo Internet und Versorgungsnetze lückenhaft sind. Besonders profitieren Schüler und Lehrkräfte (Zugang zu E-Learning), Patienten und medizinisches Personal (Telemedizin-Lösungen), Landwirte und kleine Unternehmer (E-Commerce, digitale Beratung) sowie Frauen (die über digitale Kanäle z.B. von Zuhause aus Bildungsangebote oder Geschäftsmodelle wahrnehmen können). Auch lokale Behörden und Verwaltungsmitarbeiter gehören zur Zielgruppe, da sie durch E-Government ihre Services verbessern und transparenter gestalten können. Indirekt adressiert das Programm auch Telekommunikationsanbieter und Technologieunternehmen, indem es Public-Private Partnerships für Netzausbau und Lösungen anstößt.

Maßnahmen

Dieses Teilprogramm kombiniert Infrastrukturausbau mit digitaler Innovation: (1) Breitbandausbau in unterversorgten Gebieten: In Kooperation mit Telekommunikationsfirmen und der staatlichen Kommunikationsbehörde werden Lücken identifiziert und geschlossen – z.B. Installation von Mobilfunkmasten (4G/5G) in abgelegenen Dörfern, Verlegung von Glasfaser zu ländlichen Schulen und Gemeindezentren. Falls wirtschaftlich schwer darstellbar, Subventionierung oder Zuschüsse aus dem Universal Service Fund. Ziel ist es, die digitale Grundversorgung ländlich deutlich anzuheben (aktuell besteht noch eine deutliche Kluft in der Netzabdeckung zwischen Stadt und Land). (2) Digitale Bildungszentren: Aufbau von „Smart Villages Hubs" – multifunktionale Telezentren in Gemeinden mit Computer-Arbeitsplätzen, öffentlichem WLAN, und regelmäßigen Schulungen. Diese Hubs dienen als Anlaufstelle für E-Learning (z.B. Online-Kurse für Jugendliche, digitale Alphabetisierungskurse für SeniorInnen), für E-Government-Dienste (Formulare online ausfüllen, Video-Bürgerämter) und als Coworking-Space für lokale Unternehmer oder Telearbeiter. (3) Telemedizin und mobile Gesundheitsdienste: Einführung von Telemedizin-Pilotprojekten, bei denen Dorfbewohner per Internet Sprechstunden mit Fachärzten in Städten abhalten können (ggf. betreut von einer/m Krankenschwester/Assistent vor Ort, der Vitalparameter misst). Zusätzlich werden mobile Gesundheitsbusse ausgestattet, die in entlegene Dörfer fahren und per Satellit Verbindung zu Krankenhäusern halten – so wird Grundversorgung verbessert (Impfungen, Schwangerenvorsorge etc.). (4) Digitale Landwirtschaft und Marktinformation: Entwicklung von Apps oder SMS-Diensten für Landwirte, die Preise, Wetterdaten und Beratung liefern (teils überschneidend mit TP 1), sowie Online-Plattformen, um Produkte direkt zu vermarkten. (5) E-Government auf dem Land: Zusammenarbeit mit Behörden, um Verwaltungsprozesse zu digitalisieren und in den Dörfern zugänglich zu machen, z.B. durch Online-Terminvergabe, digitale Formulare und Informationsportale.

Indikatoren

Outcome-Indikatoren: Internet-Anschlussquote ländlicher Haushalte (Ziel: z.B. +30 % bis 2028, messbar durch Anteil Haushalte mit > 10 Mbit Zugang; Baseline gemäß nationaler Statistik); Nutzung digitaler Dienste – z.B. Anzahl Telemedizin-Konsultationen pro 1.000 Einw. (Ziel: Verdoppelung bis 2030 in Pilotregionen), Anzahl E-Learning-Abschlüsse oder Zertifikate von Dorfbewohnern; Zufriedenheit mit öffentlichen Diensten in Zielgemeinden (Umfrage-basiert, Verbesserung um X %); Reduktion der Abwanderung in vernetzten Dörfern (schwieriger direkt zuzuordnen, aber langfristig zu beobachten: Abwanderungsrate sinkt im Vergleich zu Kontrollgemeinden). Output-Indikatoren: Zahl neu angeschlossener Dörfer an Breitband (z.B. 100 Dörfer mit > 50 Mbit/s); Zahl eingerichteter Digitalzentren (z.B. 50 Hubs); Teilnehmerzahlen an Schulungen (z.B. 5.000 Personen in digitaler Kompetenz geschult, 60 % Frauen); Anzahl Telemedizineinheiten oder mobile Kliniken in Betrieb; Anzahl der Bürger, die E-Gov-Dienste lokal nutzen (erfasst über Login-Daten oder Umfragen); Kapazität erneuerbarer Energie installiert (kW) für Infrastruktur. Außerdem technische Kennzahlen wie Latenz und Verfügbarkeit der Netzwerke als Qualitätsindikatoren. Diese Metriken entsprechen u.a. SDG-Indikator 9.c.1 (Bevölkerung mit Internetzugang) und 4.4.1 (digitale Kompetenzrate).

Partnerschaften

Die erfolgreiche Umsetzung verlangt eine Public-Private-Partnership-Herangehensweise. Hauptpartner sind Telekomunternehmen (Türk Telekom, Vodafone, Turkcell), die im Rahmen des Programms mit Anreizen oder Risikoteilung motiviert werden, in ländliche Netze zu investieren – unterstützt durch die zuständige Regulierungsbehörde (BTK) und ggf. das Digitalministerium. Weiterhin werden Kommunalverwaltungen und Provinzregierungen einbezogen, etwa um Standorte für Masten bereitstellen oder die Hubs zu betreiben. Für die Ausgestaltung der Telemedizin kooperiert das Programm mit dem Gesundheitsministerium und dessen E-Health-Abteilung sowie Einrichtungen wie der WHO (Know-how zu ländlicher Gesundheitsversorgung). Bildungsmaßnahmen erfolgen in Abstimmung mit dem Bildungsministerium (z.B. Anbindung ländlicher Schulen, digitale Lerninhalte) und Organisationen wie UNICEF oder UNESCO (Expertise in inklusiver Bildung). Finanzierungs- und Technologiepartner könnten internationale Firmen (CSR-Initiativen großer Tech-Konzerne für Entwicklung) oder Multilaterale Entwicklungsbanken (z.B. Weltbank, die schon ähnliche Breitbandprojekte finanziert) sein. Zusätzlich bringen sich lokale Tech-NGOs und Freiwilligeninitiativen ein (für Schulungen, Wartung von Zentren). Durch diese breite Koalition wird sichergestellt, dass sowohl Infrastruktur bereitgestellt als auch Kapazitäten aufgebaut werden – entscheidend, damit digitale Gräben geschlossen werden und „niemand zurückgelassen wird".

Teilprogramm 5: Soziale Teilhabe und Gemeindeentwicklung

Zielsetzung

Verbesserung der Lebensqualität und Chancengerechtigkeit in ländlichen Regionen durch Stärkung sozialer Dienste, Gemeinschaftseinrichtungen und partizipativer Entwicklung. Bis 2030 sollen die Grundversorgung in Gesundheit und Bildung deutlich ausgebaut und soziale Ungleichheiten zwischen Stadt und Land reduziert sein (SDG 3, SDG 4, SDG 10). Konkret strebt das Programm an, die Versorgung mit Gesundheitsdiensten (z.B. Arzt-Patienten-Verhältnis, Kinder- und Müttergesundheit) und die Bildungsindikatoren (Einschulungs- und Abschlussraten, Lernniveaus) in den Zielgemeinden auf das nationale Durchschnittsniveau anzuheben. Gleichzeitig werden soziale Strukturen wie Dorfkomitees, Frauen- und Jugendgruppen gefördert, um die Selbstorganisation der Gemeinden zu stärken und alle Bevölkerungsgruppen an Entscheidungen zu beteiligen (SDG 16 für inklusive Institutionen). Ein weiterer Fokus ist die wirtschaftliche und soziale Inklusion benachteiligter Gruppen – z.B. Frauen, Jugendliche ohne Beschäftigung, ältere Menschen, eventuell auch syrische Geflüchtete in ländlichen Gebieten – durch gezielte Angebote und Einkommensmöglichkeiten (SDG 5, SDG 8). Langfristig soll so der demografische Aderlass in den Dörfern gebremst und attraktive Perspektiven vor Ort geschaffen werden, was der Landflucht entgegenwirkt.

Zielgruppen

Universelle Zielgruppe sind die Einwohner der Partnergemeinden, insbesondere in strukturschwachen ländlichen Regionen (Ost- und Südostanatolien, aber auch benachteiligte Dörfer in anderen Landesteilen). Innerhalb der Gemeinden wird jedoch ein Augenmerk auf vulnerable Gruppen gelegt: Frauen und Mädchen (oft eingeschränkter Zugang zu Bildung/Beruf, traditionelles Rollenbild), Jugendliche (hohe Arbeitslosigkeit am Land, Abwanderung in Städte), Kinder (mangelnde frühkindliche Förderung, fehlende Angebote außerhalb der Schule), Senioren (vereinsamt in entvölkerten Dörfern) sowie ggf. ethnische Minderheiten oder Geflüchtete, sofern präsent (Integration und interkultureller Dialog als Thema). Auch lokale Nichtregierungsorganisationen, Gemeinderäte und Kommunalpolitiker gehören zur Zielgruppe im Sinne von Partnern, die die Aktivitäten tragen und fortführen sollen.

Maßnahmen

Dieses Teilprogramm setzt sowohl bei sozialen Diensten als auch bei Gemeinwesenarbeit an: (1) Stärkung der Gesundheitsversorgung: Ausbau von Gesundheitsstationen in zentralen Dörfern (Renovierung oder Neubau von Dorfgesundheitszentren), ausgestattet mit grundlegender Medizintechnik und Personal (z.B. Krankenschwester, Hebamme). Regelmäßige mobile Klinik-Tage in entlegenen Orten (Ärzte fahren planmäßig raus) – verknüpft mit TP 4 Telemedizin wo möglich. Spezifische Initiativen wie Impfkampagnen, Mütterberatung, Ernährungsaufklärung werden durchgeführt, um SDG 3.1 (Müttersterblichkeit) und 3.2 (Kindersterblichkeit) in Zielregionen zu senken. (2) Bildungsförderung: Programme zur Verbesserung der Schulbildung – Fortbildung für Lehrkräfte an Landschulen, Ausstattung von Schulen mit modernen Lehrmitteln (Labor, Computer – Synergien mit TP 4), Einrichtung von Schülerwohnheimen oder Transportangeboten, damit auch Jugendliche aus abgelegenen Weilern weiterführende Schulen besuchen können. Außerdem Aufbau von Frühförderungs- und Kita-Angeboten, um kindliche Entwicklung zu unterstützen und Frauen zu entlasten. (3) Gemeindezentren und soziale Räume: In den Gemeinden werden Multifunktions-Zentren geschaffen oder aufgewertet, die als Ort für Treffen, Weiterbildung, Kultur und Dienstleistung dienen. Z.B. können dort Jugendclubs, Bibliotheken, Sportangebote oder Beratung (rechtliche, landwirtschaftliche Beratung) stattfinden. Auch kommunale Bürgerbüros zur besseren Verwaltungsbetreuung können integriert sein. (4) Empowerment von Frauen und Jugendlichen: Gründung und Unterstützung von Frauenvereinen und Jugendgruppen. Diese erhalten kleine Budgets und Trainings, um eigenständig Aktivitäten anzustoßen (z.B. Frauengenossenschaft im Handwerk – Anbindung an TP 3; Jugend macht Projekt zur Dorfbverschönerung oder eine Kulturveranstaltung). Parallel Sensibilisierung der Gemeindeführung, Frauen und junge Leute stärker in Entscheidungsprozesse einzubeziehen. (5) Lokale Aktionspläne: Moderation der Entwicklung und Umsetzung von integrierten Gemeindeentwicklungsplänen, die von den lokalen Akteuren selbst gestaltet werden. Diese Pläne bündeln lokale Bedarfe und Ressourcen und definieren konkrete Umsetzungsschritte für gemeindebasierte Projekte.

Indikatoren

Outcome-Indikatoren umfassen: Verbesserung von Gesundheitskennziffern (z.B. Reduktion der Müttersterblichkeit in Region X von Y auf Z pro 100.000 Geburten; Erhöhung der Impfrate bei Kindern auf > 95 %); Bildungserfolg (Steigerung der Sekundarschulabschlussrate in den Zielgemeinden um X Prozentpunkte, Verringerung der Differenz zum Landesdurchschnitt); Soziale Teilhabe (Anteil der Frauen in Gemeindeentscheidungs­gremien, z.B. mindestens 30 % in Beiräten; Anzahl Jugendvertreter mit offizieller Rolle); Zufriedenheit der Bevölkerung mit Lebensbedingungen (via Umfrage-Index, Verbesserung um Y %). Auch Bevölkerungsentwicklung kann als langfristiger Indikator dienen – Ziel: Stabilisierung oder moderater Zuwachs statt Abwanderung (in 5 Pilotgemeinden bis 2030). Output-Indikatoren: Anzahl neu errichteter oder verbesserter Einrichtungen (z.B. 10 Gesundheitsstationen, 15 Gemeindezentren); Personalkapazität im Gesundheits-/Bildungsbereich (z.B. Arztvisiten pro Monat, Lehrer-Schüler-Relation verbessert); Anzahl durchgeführter Schulungen/Workshops (und Teilnehmer daran, z.B. 200 Frauen in Leadership-Workshops, 300 Jugendliche in Berufsorientierung); Zahl erstellter Gemeindeentwicklungspläne (Ziel: 15 Pläne bis 2028) und umgesetzter Gemeindeprojekte (Ziel: 30 Mikroprojekte finanziert); Anzahl aktive Frauen- und Jugendgruppen (Ziel: in jeder Gemeinde mind. 1 aktiv, mit regelmäßigen Aktivitäten). Diese Indikatoren spiegeln relevante SDG-Messgrößen wider, etwa 3.8.1 (Versorgung mit Gesundheitsdienstleistungen), 4.5.1 (Chancengleichheit im Bildungszugang), 5.5.1 (Frauenanteil in lokalen Gremien). Die Fortschritte werden jährlich erhoben und qualitativ durch Erfolgsgeschichten untermauert.

Partnerschaften

Auf Gemeindeebene wird eng mit den kommunalen Behörden (Bürgermeister, Muhtar) und gewählten Räten kooperiert, da diese für lokale Daseinsvorsorge zuständig sind. Wichtig sind ferner die Provinzverwaltungen bzw. zuständige Ministerien: Gesundheitsministerium (Bereitstellung von Personal/Medikamenten für Stationen, Integration in nationales Gesundheitssystem), Bildungsministerium (Zuweisung von Lehrern, Anpassung Curricula, evtl. digitale Fernschule mit TP 4), Familien- und Sozialministerium (für Sozialprogramme, Schutz von Frauen/Kinder). Die UN-Organisationen WHO und UNICEF können mit technischer Beratung (Gesundheitsprogramme, kindgerechte Räume etc.) unterstützen, ggf. UNFPA im Bereich reproduktive Gesundheit. Deutsche Organisationen wie die GIZ (Erfahrungen in Gemeindeentwicklung, z.B. LEADER in EU) oder KfW (Finanzierung Infrastruktur) sind mögliche Durchführer/Finanzierer. Lokale NGOs (Frauenrechtsorganisationen, Jugend-NGOs, Roter Halbmond für Gesundheitsaufklärung etc.) werden eingebunden, um gesellschaftliche Gruppen zu erreichen. Auch bestehende Projekte der Flüchtlingshilfe in Türkiye (UNHCR/UNDP-Programme in Südostanatolien) könnten verknüpft werden, um Geflüchtete in ländliche Gemeinden einzubeziehen. Als Geldgeber kämen u.a. die EU (Instrumente für Flüchtlingsintegration oder ländliche Entwicklung), diverse Stiftungen (für Bildung, Gesundheit) oder nationale Ministerien in Frage. Über allem steht ein partizipativer Ansatz: Die Dorfbevölkerung wird von Anfang an in Planungen einbezogen, um Ownership zu schaffen und kulturelle Akzeptanz sicherzustellen. Damit wird gewährleistet, dass die sozialen Leistungen tatsächlich ankommen und nachhaltig wirken.

Schlussbemerkung

Diese fünf Teilprogramme bilden zusammen ein ganzheitliches und schlüssiges Gesamtprogramm, das die zentralen Entwicklungshemmnisse in den ländlichen Räumen Türkiyes adressiert und in förderlogisch nachvollziehbarer Weise Lösungswege aufzeigt. Jedes Modul steht für sich förderfähig da, gleichzeitig greifen die Programme ineinander: So unterstützt z.B. die Digitalisierung (TP 4) sowohl die Landwirtschaft (TP 1) als auch Bildung/Teilhabe (TP 5); die Kreislaufwirtschaft (TP 3) entlastet Umwelt und schafft Einkommen, was sozialen Zusammenhalt stärkt (TP 5) etc.

Durch die Orientierung an den SDGs – alle relevanten Ziele von No Poverty (1) bis Partnerships (17) wurden berücksichtigt – und die Ausrichtung an türkischen Entwicklungsstrategien (z.B. 12. Entwicklungsplan, UNSDCF 2026–2030) ist sichergestellt, dass das Programm anschlussfähig an bestehende Initiativen ist und internationale Partner breite Anknüpfungspunkte finden. Das vorgeschlagene Programm bietet internationalen Gebern, multilateralen Partnern, Ministerien und UN-Organisationen ein professionelles Rahmenkonzept, um gemeinsam mit einer erfahrenen deutschen NGO die nachhaltige Entwicklung in den ländlichen Regionen Türkiyes voranzubringen – verlässlich, wirkungsorientiert und zukunftsweisend.